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Presseberichte

Goldraub in Pueblo City

Das Geheimnis von El Paso (Uraufführung)

Theaterzytig

Goldraub in Pueblo City  (Uraufführung)

Der Vorhang geht auf und ein Raunen geht durch den Saal. Was für ein tolles Bühnenbild. Wildwest in der Reinacher Heide? Mit Liebe fürs Detail und kenntnisreich ausgestattet, blicke ich in ein Sheriff Office. Direkt importiert aus einem Wildwest-Film? Sogar die vergitterte Gefängniszelle, samt Bewohner in Sträflingskleidung fehlt nicht. Die Kostüme, mit Akribie fürs Detail und Authentizität überzeugen und vermitteln hohe Erwartungen.

Was werde ich erleben? Eine Parodie? Nein, eher eine Geschichte, die mit allen Liebenswürdigkeiten und als hommage an den Wilden Westen glaubhaft erzählt wird. Der Autor und der Regisseur und das Ensemble kennen sich seit 25 Jahren. Autor und Regie sind dieselbe Person und die Schemeli Bühne gibt es seit 35 Jahren. Ein Jubiläumsstück oder ein Stück zum Jubiläum? Nach zwei Stunden kann ich sagen: beides! Was für Spieler beleben und bespielen den grossen Raum? Der Sheriff, eigentlich ein Beamter, der eine Funktion zu erfüllen hat, die ihm nicht so liegt. Betreibt er deswegen einen Nebenerwerb (Versicherungsagentur) oder ist sein Salär zu gering? Seine Tochter hingegen, ist eine Vollbluttexanerin, die weder Tod noch Teufel fürchtet.

Die Dialoge sind spannend, das Publikum entwickelt Vergnügen, dem Text zu folgen, billige Gags gibt es nicht und die braucht es auch nicht. Wenn die eine oder andere Passage noch als „Rohdiamant“ daher kommt, was vielleicht der Spannung und Konzentration bei der Premiere zu schulden ist, so weiss ich, dass Schauspieler wie Slalomfahrer sich meist im zweiten Lauf steigern.

Der zweite Akt entführt den Zuschauer in einen Saloon und auch hier fehlt nichts, was der Zuschauer von den Western-Filmen alles mit Saloon verbindet. Vom Kartenspiel über Tingeltangel-Bühne, Whisky-Gelage und Duell wird alles geboten. Und dennoch: Das turbulente Treiben endet nie in Klamauk, immer verstehen es die Protagonisten unter Anleitung kluger Regie und kongenialen Textes Einzelschicksale, wie sie überall auf der Welt zu finden sind, darzustellen. Klischees werden bedient, aber nicht aufdringlich. Das Publikum begreift schneller als die beiden Helden, um was es geht. Aber das gehört zum Theater. Ein Highlight sind die Synchronspreche-rinnen Sandy und Mandy, eine Augenweide und ein Ohrenschmaus. Synchronsprechen in dieser beeindruckenden Form, das ist nicht einfach, aber toll umgesetzt worden. Der Barkeeper verdient das Prädikat: tender of the year und die Tanzszene – so etwas sah man früher im  Varieté.  Der dritte Akt zeigt die übernächtigten oder noch schlafend die „Westler“. Der Kopf des Pianisten ruht  auf den Tasten, die leeren Whiskyflaschen und die verstreuten Spielkarten vermitteln eine „the day after“ – Atmosphäre, herrlich! Stimmig auch die Liebesszene, harzig und herzig, aber zu einem happy-End führend. Die Theke bekommt eine Sonderrolle, als Requisit, Versteck, Bastion, Wall, jede Variante wird ausgeschöpft. Die „Jagdszenen“  mit dem Gold gestalten sich präzis, witzig, und überraschend. Unterhaltung und Amüsement vom Besten.

Wie ist das nun mit dem Geheimnis? Dass das Geheimnis erst ganz am Schluss gelüftet wurde, machte dem Publikum nichts aus. Es war vergnügt und harrte aus. Und spendete klatschend und lange Applaus.

Hans Stelzer

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